nannt worden seien.
b) Diese nichtparitätische Nominierung von Kandidatinnen und Kandidaten unter
anderem durch CDU, CSU, FDP, AfD und SPD stelle einen Verstoß gegen das
Gleichberechtigungsgrundrecht und -gebot aus Art. 3 Abs. 2 GG sowie das Grundrecht auf passive Wahlgleichheit aus Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG dar. Das geltende
Wahlorganisationsrecht wirke sich zulasten von Frauen aus und verstoße gegen das
Grundrecht von Kandidatinnen auf Chancengleichheit bei der Erstellung von Wahlvorschlägen.
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aa) Auf den Landeslisten hätten von den im 19. Deutschen Bundestag vertretenen
Parteien allein BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE mehr Frauen als Männer
nominiert. Im Übrigen verstießen die Nominierungsverfahren der Parteien gegen
Art. 38 Abs. 1 Satz 1, Art. 20 und Art. 3 Abs. 2 GG, da sie Kandidatinnen mittelbar
und strukturell benachteiligten. Dass der Grund für das unausgewogene Verhältnis
nicht in der fehlenden Anzahl von Bewerberinnen liege, belegten inzwischen zahlreiche Presseartikel. Ursächlich seien die männlich geprägten Strukturen der Parteien,
die letztlich über den Erfolg einer Kandidatur und die Nominierung entschieden.
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bb) Noch deutlicher zeige sich die Fehlerhaftigkeit des Nominierungsverfahrens in
Bezug auf die Wahlkreise, da alle im 19. Deutschen Bundestag vertretenen Parteien
für die Wahlkreise mehr Männer als Frauen aufgestellt hätten. Hier werde noch klarer, dass es bei der Nominierung durch die Parteien an der von der Verfassung vorausgesetzten Chancengleichheit fehle.
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cc) Die unzureichende Berücksichtigung von Frauen bei der Kandidatenaufstellung
im Vorfeld von Wahlen stelle eine strukturelle mittelbare Diskriminierung dar. Eine
mittelbare, faktische Diskriminierung liege vor, wenn eine Regelung zwar neutral formuliert sei, im Ergebnis aber überwiegend die Angehörigen eines Geschlechts treffe.
Sie verstoße ebenso wie diesbezüglich pflichtwidrig unterlassene gesetzgeberische
Rechtsakte gegen das Grundrecht der Gleichberechtigung von Frauen und Männern
gemäß Art. 3 Abs. 2 GG, das vor „verschleierten“ mittelbaren, faktischen Diskriminierungen von Frauen schütze. Die strukturelle Benachteiligung von Frauen in der Politik stehe heute außer Frage. Sie führe zu mangelnder Chancengleichheit bei der Aufstellung von Wahlvorschlägen zu Bundestagswahlen. Die Parteien übten ihr
gesetzliches Wahlvorschlagsrecht ganz überwiegend zugunsten männlicher Kandidaten aus, so dass seit 1949 unterproportional wenige Frauen in den Deutschen
Bundestag gewählt worden seien. Infolgedessen würden die Bürgerinnen – die Hälfte des Wahlvolks – nicht angemessen mit ihren spezifischen gesellschaftspolitischen
Perspektiven, Interessen, Erfahrungen und Prioritäten repräsentiert.
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c) Daher fehle es seit 1949 an gleichberechtigter demokratischer Teilhabe und effektiver Einflussnahme der Staatsbürgerinnen als mehr als hälftiger Teil des Volkes
auf die Entscheidungen des Deutschen Bundestages. Diese sei aber für die demokratische Legitimation der aus Wahlen hervorgehenden Parlamente und deren Entscheidungen erforderlich. Die Unterrepräsentanz von Frauen im 19. Deutschen Bun-
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